Wohin entwickeln sich die Immobilien-Preise?

Die Allgäuerin - Finanztipps
Ausgabe: November/Dezember 2023

Kaum eine Anlageklasse hat sich 2023 in Deutschland so sehr verändert und steht vor so großen Herausforderungen wie Immobilien. Die Gründe für die Situation sind vielfältig, aber erklärbar.

Wer über das Kaufen, Bauen oder Verkaufen einer Immobilie nachdenkt, steht vor einer wichtigen Entscheidung. Um die Preisschwankungen zu verstehen und die Preisentwicklung einschätzen zu können, bedarf es einiger Erläuterungen.

Zinsen: erst runter – dann rauf!

Schritt 1: Zinsen runter: Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 hatten FED (Zentralbanksystem der USA – Federal Reserve) und EZB (Europäische Zentralbank) die Niedrig-/Null- bis Minuszinsen eingeführt, um Wirtschaftsinvestitionen anzukurbeln. Institutionelle Großanleger und Sparer, die nach Zins-Alternativen suchten, investierten in Immobilien und gleichzeitig konnten sich auch viel mehr Privatpersonen billige Immobilienkredite leisten. Dadurch stieg die Immobiliennachfrage, während das Angebot begrenzt war – hohe Preise waren die Folge.

Schritt 2: Zinsen rauf: Zur Bekämpfung der ausufernden Inflation haben die Zentralbanken den stärksten Zinsanstieg der Geschichte eingeführt. Die FED startete Ende 2021 und die EZB Mitte 2022 in Deutschland von -1 % auf + 4 % (Stand 15.6.2023), das ist eine Erhöhung um 500 %!

Inflation (Entwicklung von Preisen/Löhnen/Dienstleistungen): erst sehrniedrig – dann sehr hoch!

Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg sowie die Klima-Krise (weltweite Lieferengpässe bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Energie) haben die Verbraucherpreise (fast weltweit) in ungewohnte Höhen getrieben. Die Inflation in Deutschland lag im Juli
2023 bei 6,4 %. Allerdings waren Immobilien schon seit Jahren auf Spekulationsblasen-Niveau. Immobilienpreise waren zwischen 2013 und 2022 durchschnittlich 95 % gestiegen, das sind 7,7 % pro Jahr, während die tatsächliche Inflationsrate im selben Zeitraum bei nur 2,24 % jährlich lag. Das deutsche Durchschnitts-Netto-Einkommen erhöhte sich um 2,34 % jährlich.

Gesellschaftliche Entwicklungen und politische Entscheidungen haben ebenfalls Folgen für Immobilien-Eigentümer

Die gesetzlichen Verpflichtungen zu energetischen Sanierungsmaßnahmen (Energieerneuerungsgesetz), gestärkte Mieterschutzrechte, Grundsteuer-Erhöhungen, die demographische Entwicklung (Überalterung der Gesellschaft) und weitere politische Ideen (Verbot von Einfamilienhäusern, Lastenausgleichsabgaben, etc.) haben Einfluss auf jeden Immobilieneigentümer, und somit auf Nachfrage und Angebot und letzten Endes auf die Preisentwicklung.

Zusammenhang zwischen Immobilienpreisen, Inflation, Zinsen, Politik und demographischer Entwicklung: Im Laufe des Jahres 2023 hat der Mix

Im Laufe des Jahres 2023 hat der Mix aus hoher Inflation (hohe Baukosten), teuren Krediten, gestiegenen Guthaben-Zinsen, politischen Entscheidungen, etc. dazu geführt, dass sich Investoren aus den unberechenbarer gewordenen Immobilienmärkten zurückziehen und private Häuslebauer sich die Kredite nicht mehr leisten können. Die Nachfrage ging zurück und somit auch die Preise.

Experten gehen davon aus, dass sich langfristig die Inflation bei ca. 3 % einpendeln wird. Die Kreditzinsen gehen innerhalb der nächsten zwei Jahre auf ein Niveau zwischen 2 bis 3 % zurück und die Immobilienpreise werden sich diesen neuen Gegebenheiten anpassen. Auch weil es nach Preis-Exzess-Phasen immer zu Konsolidierung kommt – bei Immobilien langsamer als z. B. bei Aktien. Eigentümer unsanierter Wohnungen bzw. Häuser stehen vor der Herausforderung, groß zu investieren – viele müssen oder wollen (auch aus Altersgründen) deswegen verkaufen.

Beispielrechnung

2010 konnte man in München für ein Durchschnitts-Jahresnetto-Einkommen 5 Quadratmeter (qm) Eigentumswohnung kaufen: Durchschnitts-Jahreseinkommen: 18.000 €/netto, 1 qm Wohneigentum kostete also 4.500 € 2022 lag das Durchschnitts-Jahresnetto-Einkommen bei 25.580 €. Bei bis zu 20.000 €/qm Immobilienpreisen konnte man davon nur noch 1,27 qm Wohneigentum kaufen. Bei einer Normalisierung des Preis-Niveaus und Anpassung an eine Durchschnitts-Inflationsrate von z. B. jährlich 3,3 Prozent dürfte der Quadratmeter-Preis aktuell bei ca. 5.000 € liegen, damit das Verhältnis 5 qm/Jahresnetto-Einkommen wieder stimmt.

Quellenangaben: Empririca, Edisoft FVBS professional, statistisches Bundesamt

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