Lindauer Bürgerzeitung - Expertentipp
Ausgabe: Mai 2021
Im letzten Finanztipp (in der BZ KW 16/21 auf Seite 11) hatte ich Versicherungen und Fonds vorgestellt, die mehr kosten, als sie bringen können. Heute: Wohin mit dem Geld – Teil 2
Die Idee: Kapitalsicherung, Vermögensanlage, Altersversorgung und Vermögensaufbau durch Mieteinnahmen. Anleger hoffen auf Sicherheit, Rentabilität, Werterhalt und sind dafür bereit, sich über viele Jahrzehnte zu binden und hohe Ankaufgebühren in Kauf zu nehmen. Doch diese Rechnung geht oft nicht auf.
Warum? Die Mietrendite bezogen auf den Kapitaleinsatz muss langfristig nach Abzug aller Kosten mindestens über der Inflation von 2% pro Jahr liegen – was aufgrund der aktuell hohen Kaufpreise schwierig ist. Durch Überalterung und Geburtenrückgang werden in 20 Jahren ca. 20% weniger Wohnungen benötigt. Die Zahl der Eigennutzer wächst aufgrund der Niedrigzinsen. Das macht es schwerer, langfristig die Wunschmieten zu erzielen. Aufgehen würde die Rechnung nur, wenn die Immobilienpreise in den nächsten zehn bis 30 Jahren weiterhin steigen, aber davon ist nach der Ralley der letzten zehn Jahre nicht auszugehen. Auch Immobilienmärkte schwanken z.T. erheblich, allerdings sehr langsam, weshalb man es kaum wahrnimmt. Selbst in München sind z.B. laut IVD* die Preise für ETW in guten Wohngegenden zwischen 1990 und 2007 bis zu 30% gefallen, bevor sie wieder enorm gestiegen sind. Nach starkem Anstieg fallen die Preise wieder usw. – in 30-Jahres-Zyklen.
Die üblichen Vermieter-Probleme sind z.B. Kosten- und Arbeitsaufwand für Wohnungs- und Mieterverwaltung, Steuerberater, Renovierung, Modernisierung, langjährige Kapitalbindung, Miet-Nomaden, Leerstand, Verwüstung usw. Vermieter haben immer Arbeit und leider oft auch Ärger mit Mietern. Darum wollen sich viele Menschen im Alter nicht mehr kümmern.
Dann gibt es noch Risiken, an die keiner gerne denkt: Kostenbelastungen durch künftige Energieauflagen, Bauvorschriften (Zwang zur Modernisierung), Kommunalpolitik (Beispiel: Gemeinde baut neue Kläranlage und legt die Kosten auf Immo-Eigentümer um), Innovationen beim Hausbau (günstige, moderne Baumethoden verdrängen konventionelle Immobilien, deren Wert dann fällt), Wertänderungen durch regionale Infrastruktur-Veränderungen (z.B. Wegzug von wichtigen Arbeitgebern) bis hin zu politischen General-Entscheidungen wie z.B. Mietpreisbremsen, Grundsteuer- Erhöhungen oder drohende Lastenausgleichszahlungen für Immobilieneigentümer. Dies sind die Gründe, warum weltweit Großanleger nur zwischen 15 bis 30 Prozent ihres Vermögens in Immobilien investieren. Den größten Teil ihres Vermögens investieren sie in Unternehmen in Form von Aktien und Anleihen. Eine Kombination dieser Anlageklassen erwirtschaftet langfristig zwischen vier bis zehn Prozent pro Jahr, macht keine Arbeit, ist jederzeit liquide, hat keine Anschaffungskosten und wenn man sie in einem sehr breiten Mix mittels günstiger Assetklassen-Indexfonds kauft und langfristig denkt, sind sie auch sehr sicher.
Tipp: Vor einer Entscheidung für Investitionen mit Langzeitcharakter unbedingt unabhängige Beratung einholen! Die gibt es weder bei Immobilienmaklern, noch bei Banken, Versicherungen oder Bausparkassen. Bei Entscheidungsprozessen nicht nur die letzten zehn Jahre „im Rückspiegel“ betrachten und daraus auf die Zukunft schließen!
*Immobilien-Verband Deutschland IVD