Die Allgäuerin – Finanztipps
Ausgabe: Februar 2025
Wer fürs Alter vorsorgen oder Geld anlegen möchte, bekommt mit höchster Wahrscheinlichkeit eine Fondspolice angeboten. Fondspolicen sind die am häufigsten verkauften Altersvorsorge-Produkte. Das Prinzip dieser Produkte ist der Vermögensaufbau mit Investments-Fonds innerhalb einer Versicherungspolice. Geworben wird mit Renditechancen, Sicherheit, Steuervorteilen, Bequemlichkeit.
Horrende Kosten fressen Rendite auf
Seit Jahren warnen Verbraucherschutz-Verbände: »Finger weg von Fondspolicen«. Auch Stiftung Finanztest, und die staatliche Finanzaufsicht BaFin kritisieren die hohen Kosten von Fondspolicen. So hat die BaFin bei allen Versicherern für verschiedene Laufzeiten die Effektivkosten abgefragt und dabei unzählige Versicherungsanbieter gefunden, mit Kostenquoten von über 4 Prozent pro Jahr (Quelle: BaFin2022). Mit solchen Fonds-Policen hat man nach Abzug von 2,5 Prozent Inflation und 27,81 Prozent Kapitalertragssteuern (inkl. Soli und 8 Prozent Kirchensteuer), kaum eine Chance auf Rendite.
Schlimm
Erika Muster, 40 Jahre alt, möchte für eine zusätzliche private Rente 300 Euro im Monat sparen. Sie wünscht sich eine ausgewogene Anlage-Strategie, bestehend aus 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Zinsanlagen oder anderen Garantie-Bausteinen. Die Renditechance einer solchen Anlage-Strategie würde bei ca. 6 Prozent pro Jahr liegen, wenn man sie direkt mit ETFs kaufen würde. Erika Muster bespart jedoch eine Fondspolice mit einer gemanagten Fonds-Anlage-Strategie »Balance«. Im Kleingedruckten des Vertrags stehen 2,2 Prozent laufende Verwaltungsgebühr für das Fonds-Management. Die Kosten für die Versicherung betragen 4 Prozent. Sie bezahlt in 27 Jahren insgesamt 97.200 Euro ein. Bei Kosten über 6 Prozent bei gleichzeitig 6 Prozent Renditechance wird auch nach 27 Jahren im Vertrag nur das eingezahlte Kapital enthalten sein. Die hohen Vertragskosten haben die gesamte Rendite aufgezehrt.
Schlimmer
Bei einer durchschnittlichen Inflationsrate von 2,5 Prozent pro Jahr haben ihre 97.200 Euro zu ihrem Rentenbeginn in 27 Jahren nur noch eine Kaufkraft von ca. 50.000 Euro.
Am schlimmsten
Wer eine Prämien-Dynamik von 5 Prozent in den Vertrag einbaut, um jedes Jahr etwas mehr einzuzahlen, höhlt seinen Vertrag geradezu aus. Was die Produktverkäufer verschweigen: Jede Vertragserhöhung löst erneut Abschlussprovision aus, weil diese zusätzlichen Beiträge wie ein »kleiner« Neuvertrag gesehen wird.
Beispiel-Rechnung
Beginn: 300 Euro monatlich, 27 Jahre Laufzeit. Einzahlungen insgesamt: 97.200 Euro. Diese Summe ist die Bewertungssumme, nach der die Abschluss- und Vertriebsprovisionen berechnet werden. (Formel: Jahresbeitrag × Laufzeit = Bewertungssumme). Übliche Provision 5 bis 7 Prozent! Bei Frau Muster würden 7 Prozent von 97.200 EUR = 6.804 Euro, die in den ersten 5 Jahren aus ihrem Vertrag entnommen werden. Nach einem Jahr erhöht Erika Muster ihren Vertrag um 5 Prozent und zahlt 315 Euro Monatsbeitrag. Diese 15 Euro Erhöhung lösen erneut 7 Prozent Vertriebs-/Abschlussprovisionen aus.
Berechnung
15 € × 12 Monate = 180 € Jahresbeitrag. 180 × 26 Jahre Vertragsrestlaufzeit = 4.680 EUR Bewertungssumme. Darauf fallen 7 Prozent erneute Provisionen an, also 327,60 Euro! Während Erika Muster nur 180 Euro in diesem Jahr zusätzlich in ihren Vertrag eingezahlt hat, wird gleichzeitig ihrem Vertrag 327,60 Euro Provisionen entnommen! Dieses »Spiel« ginge 27 Jahre so weiter – sie würde sich regelrecht arm sparen.
Weitere Nachteile
Die wenigsten Fondspolicen haben ETFs zur Auswahl, und wenn doch, dann eine Art Klon mit höheren Gebühren. Nach Vertragsabschluss kümmert sich keiner mehr um die enthaltenen Fonds. Bei Vertragsauszahlung weisen die Versicherungen dennoch Gewinne aus, die kapitalertragssteuerpflichtig sind. Da die Finanzämter die gezahlten Vertragskosten nicht berücksichtigen, kommt es dazu, dass auch Verträge, die effektiv dem Anleger Verluste gebracht haben, noch mit Steuern belastet werden.
Gute Lösung
Die beste Idee wäre, mit ETFs breit gestreut in Aktien- und Anleihenmärkte zu investieren und diese für Vermögensaufbau und Vermögensverwaltung zu nutzen. Die großen Welt-Aktien-Indizes erwirtschaften im Durchschnitt 8 bis 10 Prozent pro Jahr, Anleihen ca. 3 Prozent pro Jahr. Erika Muster könnte sich einen ETF-Sparplan einrichten und in 5 ETFs einzahlen. ETFs kombinieren niedrige Verwaltungsgebühren von 0,15 bis 0,45 Prozent mit breiter Diversifikation, was für zusätzliche Sicherheit sorgt. Zudem partizipieren Anleger direkt an den Renditen der Aktien- und Anleihenmärkte. Bei 6 Prozent Wertentwicklung (und 0,2 Prozent ETF-Kosten) wären im Depot von Erika Mustermann nach 27 Jahren: 207.660 Euro. Wer einen steuersparenden Aufschiebeeffekt wünscht, kann das auch in einer völlig provisionsfreien Netto-Tarif-Versicherungspolice machen. Kosten für die Versicherung: ca. 0,1 Prozent bis 0,45 Prozent laufende Verwaltungskosten.
Beispiel-Depot
- 150 Euro in einen MSCI All Country ETF
- 25 Euro in einen Schwellenländer-ETF
- 25 Euro in einen MSCI Small-Cap ETF
- 50 Euro in einen internationalen Anleihen-ETF
- 50 Euro in einen Geldmarkt-ETF.
Save the Date
Workshop: »Top oder Flop – Finanzprodukte auf dem Prüfstand«
an der VHS Kempten am 27.3.2025 um 18 Uhr. Anmeldungen direkt an der VHS Kempten.
Dieser Artikel wurde im Magazin „Die Allgäuerin“ veröffentlicht (www.dieallgaeuerin.de).